Geschlechterspezifische Aspekte in der nachhaltigen Beschaffung

Maßnahmen ergreifen: Geschlechtergerechtigkeit in den Lieferketten erreichen


Was können Unternehmen tun?

Auch wenn die Vorteile klar auf der Hand liegen, wissen Unternehmen oft nicht, wo sie anfangen sollen. Ganz besonders wichtig ist es, sich intern die Unterstützung der Geschäftsleitung und aller wichtigen Abteilungen zu sichern, einschließlich der Zusage, Zeit und Ressourcen zu investieren.

Ein bedeutender erster Schritt besteht darin, alle bestehenden Richtlinien und Verfahren auf den Prüfstand zu stellen, um festzustellen, welche Lücken geschlossen werden müssen, damit die Geschlechtergerechtigkeit ein integraler Bestandteil des eigenen unternehmerischen Handelns wird. Dies hilft, eine umfassende Unternehmensstrategie für ein geschlechtersensibles Beschaffungswesen zu entwickeln und umzusetzen, das Geschlechtergerechtigkeit bei der Entscheidungsfindung auf allen Ebenen berücksichtigt. Das bedeutet auch, zu verstehen, welche Herausforderungen von Frauen geführte Unternehmen daran hindern, Zugang zu Lieferketten zu erhalten.

Dabei darf die wichtige Rolle, die externe Stakeholder spielen, nicht verkannt werden. Deshalb müssen Geschäftspartner, Zulieferer und Dienstleister, die mit von Frauen geführten und geschlechtersensiblen Unternehmen zusammenarbeiten, eingebunden werden, um den Zugang zu globalen Lieferketten als Teil dieses Prozesses zu verbessern. Ziel ist es, ein Stadium zu erreichen, in dem die Anwendung einer geschlechterspezifischen Sichtweise auf das Beschaffungswesen zu einem integralen Bestandteil Ihrer Unternehmenskultur und -praxis wird.

Mehr Aufmerksamkeit für geschlechterspezifische Aspekte in Ihren Beschaffungsstrategien und -praktiken

  • Phase 1: Den Stand der Dinge verstehen
    • Erzeugen Sie in Ihrem Unternehmen Verständnis für die Herausforderungen und Hürden, mit denen von Frauen geführte und geschlechtersensible Unternehmen konfrontiert sind, insbesondere für die spezifischen Probleme, die mit Ihren eigenen Lieferketten und Ihrem Betriebsumfeld zusammenhängen.
    • Verwenden Sie das WEPs Gender Gap-Analyse-Tool, um zu ermitteln, inwieweit die Richtlinien und Verfahren in Ihrem Unternehmen sowie Ihre geschäftlichen Aktivitäten zur Förderung von Geschlechtergerechtigkeit beitragen. Mithilfe des Tools können Sie auch herausfinden , welche weiteren Maßnahmen ergriffen werden können, insbesondere wie die Zahl der von Frauen geführten und geschlechtersensibel ausgerichteten Unternehmen in Ihrer Lieferkette durch Organisationen wie WEConnect International erhöht werden kann.
    • Ernennen Sie einen funktionsübergreifenden verantwortlichen Beschaffungsausschuss, in dem Vertreter*innen verschiedener Funktionen, Perspektiven und Hintergründe mitwirken, um Ihre Beschaffungsstrategie zu bewerten. Einigen Sie sich dann darauf, was eigentlich die Ziele der Steigerung der Vielfalt in Ihrer Beschaffungsstrategie sind. Was möchten Sie als Unternehmen erreichen, wer muss involviert werden und wie passen diese Ergebnisse zu den WEPs?

     

    Eine Anleitung zur Erfassung Ihrer Zulieferer, um Lücken in der Geschlechterverteilung zu ermitteln, finden Sie in den folgenden Ressourcen: Sourcing2Equal Kenya: Barriers and Approaches to Increase Access to Markets for Women- Owned Businesses (Seite 18, Kasten 3: Global Best Practices in Supplier Diversity and Inclusion).

  • Phase 2: Interne Anpassungen
    • Bewerten Sie das Geschlechtergleichgewicht im Beschaffungsteam Ihres Unternehmens. Um eine repräsentativere Wertschöpfungskette zu erreichen, die Frauen schützt und ihnen mehr Einfluss gibt, muss sichergestellt werden, dass Frauen an der Gestaltung von Beschaffungsrichtlinien und -entscheidungen mitwirken können.
    • Nehmen Sie geschlechtersensible Formulierungen und Verpflichtungen in die Verhaltenskodizes Ihres Unternehmens und Ihrer Zulieferer auf und wenden Sie Due-Diligence-Verfahren an, um etwaige Lücken zu schließen.
    • Schauen Sie sich Tool 1 des Decent Work Toolkit an und untersuchen Sie, wie sich Beschaffungspraktiken und -entscheidungen auf die Geschlechtergerechtigkeit in globalen Lieferketten auswirken können und warum es für Einkäufer*innen wichtig ist, Geschlechtergerechtigkeit zu unterstützen.

     

    Worauf sollten Sie achten, wenn Sie Ihren Verhaltenskodex für Zulieferer an geschlechtsspezifischen Gesichtspunkten ausrichten?

    Nachfolgend finden Sie einige Beispiele für Fragen, die Sie bei der Überprüfung Ihres Verhaltenskodex für Zulieferer berücksichtigen sollten, wobei die Liste nicht vollständig ist:

    • Setzen sich Ihre Zulieferer für Geschlechtergerechtigkeit ein? Haben sie die WEPs unterzeichnet? Halten sie die internationalen Arbeitsnormen ein, setzen sie sie um, fördern sie sie?
    • Verfügen Ihre Zulieferer über Richtlinien und Mechanismen, um sexuelle Belästigung und geschlechtsspezifische Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz zu erkennen, zu verhindern, einzudämmen und abzustellen?
    • Werden weibliche Beschäftigte von Ihren Zulieferunternehmen wegen Schwangerschaft und/oder Mutterschaft diskriminiert? Gibt es wirksame Richtlinien zur Unterstützung schwangerer Frauen und Mütter bei der Rückkehr an den Arbeitsplatz? Gibt es eine Richtlinie zu Gewährung von Elternurlaub?
    • Gibt es ein geschlechtsspezifisches Lohngefälle, und wenn ja, was wird dafür getan, um dieses zu verringern?
    • Wie ist das Verhältnis von weiblichen zu männlichen Beschäftigten auf den verschiedenen Ebenen? Haben Mitarbeiterinnen die gleichen Aufstiegschancen wie ihre männlichen Kollegen?
    • Wie werden die besonderen Gesundheits- und Sicherheitsbelange von Arbeitnehmerinnen unterstützt und berücksichtigt?
    • Sind Frauen in den Arbeitnehmervertretungen des Unternehmens angemessen repräsentiert?

    Weitere Informationen dazu, wie eine geschlechterspezifische Sichtweise auf den Verhaltenskodex eines Unternehmens angewendet werden kann, finden Sie in dem Bericht von Business for Social Responsibility, „Gender Equality in Codes of Conduct Guidance“

  • Phase 3: Kontaktaufnahme und Aufbau von Kapazitäten

    Sprechen Sie mit Ihren Zulieferern

    • Analysieren Sie Ihre Lieferkette und nutzen Sie eine Plattform oder Software, in der Daten zu den Merkmalen der Zulieferer erfasst und gespeichert werden, um einen Soll-/ Ist-Vergleich hinsichtlich der tatsächlichen Anzahl der von Frauen geführten Unternehmen und geschlechtersensiblen Unternehmen in Ihrer Lieferkette durchzuführen.
    • Sehen Sie sich Tool 2 des Decent Work Toolkit an, um herauszufinden, wie Sie mit Ihren Zulieferern und Geschäftspartnern kommunizieren und verstehen können, was diese über geschlechtersensible Beschaffung wissen, inwieweit sie sich für die Gleichstellung der Geschlechter engagieren und welche Pläne sie haben, der Geschlechtergerechtigkeit jetzt und in Zukunft Priorität einzuräumen. Wie können Sie sich gegenseitig unterstützen, um Kapazitäten aufzubauen und die kollektive Wirkung zu steigern?
    • Kommunizieren Sie die überarbeitete Strategie und neuen Richtlinien an alle Kolleg*innen im Beschaffungswesen und führen Sie Schulungen bezüglich der Bedeutung von Geschlechtergerechtigkeit durch. Die Schulungen sollten sich mit den Herausforderungen befassen, mit denen sich Unternehmen, die von Frauen geführt werden, konfrontiert sehen. Sie sollten auch aufzeigen, wie Kolleg*innen aus dem Beschaffungswesen dabei helfen können, inklusive Entscheidungsprozesse und -praktiken vorzuleben. Veröffentlichen Sie Ausschreibungen an Orten, die von Unternehmerinnen häufig besucht werden, wie Kleinanzeigen oder digitale Plattformen.

     

    Einbindung in Unternehmensprozesse und -systeme

    • Sehen Sie sich Tool 3 des Decent Work Toolkit an, um zu erfahren, wie Sie menschenwürdige Arbeit in Ihre Unternehmensprozesse und -systeme einbinden können.
    • Untersuchen Sie unterschiedliche Herangehensweisen, um Beschaffungsteams zur Förderung der Geschlechtergerechtigkeit in Lieferketten besser zu befähigen.
    • Sprechen Sie mit Ihren Zulieferern und finden Sie heraus, wie Ihr Unternehmen Schulungsmöglichkeiten zur Geschlechtergerechtigkeit bei Ihren Zulieferern unterstützen kann, oder beziehen Sie Ihre Zulieferer in Schulungen zu Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion ein.
    • Nehmen Sie Kontakt zu Unternehmerinnen auf, um die Beschaffungsprozesse zu überprüfen und herauszufinden, wo es unnötige Voraussetzungen für die Teilnahme an Ausschreibungen gibt, durch die potenzielle Zulieferer disqualifiziert werden. Unter Umständen müssen Sie Ihre Ausschreibungen verändern, z. B. die Aufteilung größerer Aufträge in kleinere Projekte, damit sie für Unternehmen, die von Frauen geführt werden sowie geschlechtersensible Unternehmen attraktiv werden.
    • Nehmen Sie Kontakt mit Unternehmerinnen-Netzwerken auf, um Schulungen für die Teilnahme an Ausschreibungen anzubieten.
  • Phase 4: Erfolg messen und Fortschritte überwachen

    Erfolg messen und Fortschritte überwachen

    • Stellen Sie sicher, dass Ergebnisse nachprüfbar sind, indem Sie KPIs zur Geschlechtergerechtigkeit in Leistungsziele und -beurteilungen von Einkäufer*innen aufnehmen. Dazu könnte die Festlegung spezifischer Ziele für die Beschaffung bei von Frauen geführten und geschlechtersensibel ausgerichteten Unternehmen gehören. In Tool 3 des Decent Work Toolkit finden Sie Beispiele für KPIs für Einkäufer*innen.
    • Führen Sie für derzeitige und künftige Zulieferer und Geschäftspartner Bewertungs- und Auswahlkriterien in Bezug auf Geschlechtergerechtigkeit ein. Kommunizieren Sie mit ihnen, teilen Sie ihnen u. a. die Erwartungen und Anforderungen mit, die sie erfüllen müssen. Bieten Sie Schulungen an, um den offenen Dialog zu fördern und teilen Sie bewährte Verfahren und Möglichkeiten der Zusammenarbeit.
    • Legen Sie Ziele und Vorgaben fest und kommunizieren Sie sowohl diese als auch den Zeitrahmen, indem ein vielfältigeres Zulieferer- und Partnernetzwerk geschaffen werden muss, das dem grundsätzlichen Engagement und der Strategie des Unternehmens entspricht. Fordern Sie zudem entsprechende Berichte ein.

     

    Beispiel für ein Ziel

    Nachfolgend finden Sie ein Beispiel für einige erfolgreiche Maßnahmen, die Sie umsetzen könnten. Dazu bedienen wir uns einer der Schritte aus dem vorangegangenen Abschnitt:

    Informieren Sie Ihre Kolleg\*innen über die Änderungen bei Strategien und Richtlinien und führen Sie Schulungen zum Thema Geschlechtergerechtigkeit durch.

    • Es gibt eine schriftliche Unternehmensrichtlinie, in der Rollen und Zuständigkeiten, zeitgebundene Ziele und Erfolgskriterien klar definiert sind.
    • Der CEO hat die Richtlinie über mehrere Kanäle bekanntgegeben, u. a. über eine E-Mail an alle Mitarbeiter\*innen, Ankündigung auf Mitarbeiterversammlungen und auf der Intranetseite des Unternehmens.
    • Die wichtigsten KPIs wurden in die persönlichen Entwicklungspläne der betreffenden Teams aufgenommen, wobei der Schwerpunkt bei den Leiter\*innen des Einkaufs und den Beschaffungsfunktionen lag.
    • Alle Mitarbeiter\*innen erhalten bei ihrem Eintritt in das Unternehmen eine Basisschulung zum Thema Geschlechtergerechtigkeit im Beschaffungswesen.
    • Alle Mitarbeiter\*innen der Beschaffungsabteilung und anderer relevanter Abteilungen erhalten bei ihrem Eintritt in das Unternehmen eine weiterführende Schulung (einschließlich praktischer Tools und Anleitungen), die alle zwei Jahre oder bei wesentlichen Änderungen wiederholt wird.

    Weitere Informationen zur Festlegung spezifischer, messbarer, erreichbarer, realistischer und zeitgebundener Erfolgskriterien für Ihre geschlechtersensible Beschaffungsstrategie finden Sie unter The Power of Procurement: How to Source from Women-Owned Businesses, das 2017 von UN Women entwickelt wurde.